Zusammenfassung: In der Wertsteigerung von jeder Anwenderdokumentation liegt großes Potenzial für Unternehmen. Ein umfassendes Gesamtkonzept kann helfen, die Effektivität der Dokumentation zu erhöhen und damit die Produktivität der Anwender zu steigern.
Nach mehr als 25 Jahren Beratungs- und Projektleitertätigkeit in SAP Projekten bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es bei ERP Einführungsprojekten darum gehen muss, von Anfang an die finalen Ergebnisse im Auge zu haben, die einen effizienten Betrieb der Software über den gesamten Lebenszyklus sicherstellen.
Dies sind die wesentlichen Ergebnisse:
- Eine technische Dokumentation von Konfiguration und Entwicklungen, die im laufenden Betrieb aussagekräftig ist und dem operativen Team erlaubt, Konfigurations- und Entwicklungsentscheidungen nachzuvollziehen und diese bei späteren Anpassungen auch ohne größere Aufwände aktuell zu halten – das ist heute in den meisten Projekten durch die Nutzung des Solution-Managers und/oder der Dokumentation in IMG Projekten gelöst
- Der Aufbau vollständiger, korrekter und aktueller Stammdaten und die Sicherstellung, dass diese auch im laufenden Betrieb in einem qualitativ hochwertigen Zustand bleiben – auch auf diesen Punkt wird heute in fast allen Projekten großes Augenmerk gelegt und meistens direkt im Einführungsprojekt werden auch schon entsprechende Tool-unterstützte Data-Governance Verfahren eingeführt
- Eine Anwenderdokumentation, die nicht nur zum Zeitpunkt der projektspezifischen Anwenderschulungen aktuell ist, sondern bei der auch sichergestellt ist, dass auch künftige Anwendergenrationen genauso intensiv und in der Tiefe geschult werden, wie dies der Anwendercommunity im Rahmen der projektspezifischen Schulungen zu Teil wird. DIES IST LEIDER HEUTE VIELFACH NICHT GELÖST UND FÜHRT DESHALB ZU ERHEBLICHEN FOLGEPROBLEMEN UND KOSTEN:
- Häufig erstellen sich die User oder Key-User eigene Quick and Dirty Dokumentationen, weil sie feststellen, dass die im Projekt erstellte Dokumentation veraltet ist und legen diese in ihren persönlichen Ordnern ab. Dies führt dazu, dass es häufig viele unterschiedliche Dokumentationen für ein und denselben Prozess gibt
- Aber es kommt noch schlimmer: Wenn neue Mitarbeiter eingearbeitet werden, geschieht dies in der Regel durch die aktuellen User/Key-User, die dafür nicht die originäre im Projekt erstellte Anwenderdokumentation, sondern ihre individuelle Quick and Dirty Version heranziehen und diese weitergeben. Diese wiederum wird dann von den neu eingearbeiteten Mitarbeitern fortgeführt und mit ihren eigenen individuellen Erkenntnissen ergänzt…und so setzt sich das Anwendergenration um Anwendergeneration fort, was dazu führt, dass einerseits neue Mitarbeiter für die Durchführung derselben Funktion im Unternehmen individuell unterschiedlich geschult werden und teilweise in einer Abteilung dieselben Vorgänge vollkommen unterschiedlich abgearbeitet werden…und schlussendlich niemand mehr weiß, wie die Prozessabwicklung im Projekt aus welchen Gründen designed wurde. SCHLUSSENDLICH FÜHRT DAS DAZU; DASS MIT JEDER NEUEN ANWENDERGENERATION DAS WISSEN DARUM, WIE DAS ERP SYSTEM FUNKTIONIERT IMMER WEITER AUF DIE BEDIENUNG DER OBERFLÄCHE REDUZIERT WIRD, nach dem Motto: „hier musst Du immer diesen Wert eingeben oder das machen“. Der Sinn und die Nutzung des ERP Systems werden dadurch vielfach ad absurdum geführt, die Funktionalität des mächtigen Systems nicht ansatzweise genutzt und so verkümmern viele ERP-Systeme nach einigen Jahren zu sehr teuren Schreibmaschinen.
Auch sind die so geschulten Folgegenrationen von Nutzern häufig nicht mehr in der Lage, sinnvoll an der Neueinführung eines ERP-Systems teilzunehmen, weil ihnen die Zusammenhänge des heutigen Systems vollkommen verschlossen geblieben sind. - Hinzu kommt, dass in den meisten Projekten die Notwendigkeit erkannt wird, Prozesse zu dokumentieren, um die Anwender entsprechend übergreifend zu schulen. Hier wird aber meistens mitnichten auf die für die notwendigen Prozesszertifizierungen sowieso in fast allen Unternehmen existierenden Prozessdokumentationen innerhalb des bestehenden Business-Prozess-Management (BPM) zurückgegriffen oder auf diesen aufgebaut, sondern es wird konkurrenzierend dazu eine eigene parallele Prozesswelt geschaffen. Auch dies redundant erstellte Prozessmodell leistet häufig einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zur Verwirrung der Anwender einerseits und führt häufig auch dazu, dass die Abwicklung der Prozesse nicht denen im BPM definierten Vorgaben entspricht.
- Dass keiner mehr durch die ganzen Dokumentationen durchblickt und natürlich auch niemand motiviert ist, dies hochgradig redundante Dokumentations-Sammelsurium auf einem aktuellen Stand zu halten, liegt auf der Hand.
Um diesen Missständen Abhilfe zu schaffen, habe ich im Rahmen der Projekte der vergangenen Jahre das Konzept der Wertsteigernden Anwendungsdokumentation (Link zum PDF) entwickelt:
Darin ist ein schrittweises Konzept beschrieben, mittels dessen Sie eine State-of-the Art Anwendungsdokumentation entwickeln, die sich durch die folgenden Vorteile auszeichnet:
- Redundanzfreiheit der Prozessdokumentation, weil die Prozessdokumentation des BPM integraler Bestandteil des Konzeptes ist
- Mittels Autorentool erstellte digitale Anwendungsdokumentation, die von der Key-usern begleitend zu den ohnehin stattfindenden Tests aufzeichnen lässt und in verschiedenen Modi, von Papierausdruck, über Demo- und verschiedene Trainingsmodi bis hin zur kontextsensitiven interaktiven Unterstützung im produktiven Betrieb nutzen lässt und so den Kerninhalt von Computer-Based-Trainings (CBTs) bilden kann, mit denen sowohl die projektbezogenen Trainings wie auch die spätere Einarbeitung neuer Mitarbeiter in gleichbleibender Tiefe und Qualität erfolgen kann.
- Zudem habe ich von vielen Usern, die diese Dokumentation mittels einem Autorentool erstellt haben, das Feedback bekommen, dass dies nicht nur deutlich effektiver als herkömmliche (statische Datei oder Papier basierte) Dokumentation ist, sondern es auch richtig Spaß macht, die Anwendungen mittels so einem Autorentool zu erstellen und entsprechend dann eben auch die Motivation da ist, diese redundanzfrei aktuell zu halten
- Integration von Prozessdokumentation im BPM und Anwendungsdokumentation im Autorentool in einer Form, dass die Prozessdokumentation im BPM unabhängig von dem darunterliegenden ausführenden ERP (oder anderem Anwendungssystem) erfolgt und bei einem Wechsel des Anwendungssystems lediglich die Anwendungsdokumentation, nicht aber die Prozessdokumentation im BPM angepasst werden muss. Hierdurch kann auch ein Systemwechsel, z.B. von R/3 nach S/4 HANA für die Anwender deutlich erleichtert werden, weil in jedem Prozessschritt die heutige der künftigen Abwicklung gegenübergestellt werden kann – meiner Ansicht nach kann es deshalb sehr lohnenswert sein, erst einmal die heutigen R/3 Prozesse entsprechend zu dokumentieren, um damit den Umstieg der Endanwender auf S/4 HANA deutlich zu erleichtern
- Bei gleichzeitiger Anwendung der Tests gemäß dem Accelerated Testing Package ergibt sich auch ein kompletter Update Cycle für spätere Change-Requests (CR) inklusive den definierten Re-Tests und zu aktualisierenden Elementen der Anwendungsdokumentation:
- Bereits im CR wird festgelegt, welche Test-Scripte im Rahmen des Tests des Change re-tested bzw. angepasst werden müssen
- Aufgrund der Anpassungen im Testskript ist klar, welche Transaktions- oder FIORI-Aufzeichnungen angepasst werden müssen
- Aufgrund der anzupassenden Transaktions- oder FIORI Aufzeichnungen bestimmt sich, welche CBTs zu aktualisieren sind und auch, ob ggfs. Anpassungen in darüberliegenden BPM-Prozessen notwendig sind
So kann bei der Freigabe-/Produktivsetzung eines CR immer gleich das jeweilige getestete Gesamtpaket von Applikationsänderung einschließlich der aktualisierten Dokumentation live gesetzt werden.
Dieses Gesamtkonzept, wie auch die darin verwendeten Werkzeuge sind im Übrigen nicht auf die Nutzung mit der Software der SAP beschränkt, sondern können analog schrittweise für alle im Unternehmen genutzten Applikationen eingesetzt werden.
Was dies für einen immensen Beitrag zum Wissensmanagement in Ihrem Unternehmen zu leisten vermag, können Sie sicher erahnen – Starten Sie jetzt!
Es gibt mittlerweile eine Reihe spezialisierter Dienstleister, die sowohl bei der Erstellung eines solchen Konzeptes wie auch bei dessen Umsetzung, wie Schulung der Key-User in der Nutzung der Tools, Unterstützung bei Aufzeichnung und Nachbearbeitung von Transaktions- und FIORI-Abläufen bis hin zur einheitlichen Konzeption und Aufbereitung von CBTs kompetent und effektiv unterstützen können und so ggfs. vorhandene Ressourcenengpässe bei den eigenen Key-Usern zu überbrücken helfen.
Falls sie diesbezüglich oder auch hinsichtlich der Lizensierung der im Konzept zur Anwendung kommenden Tools Rat oder Hilfestellung benötigen, sprechen Sie uns gerne an unter .
Anmerkung: Die vollständige Kollektion der S/4 HANA 1909 Best-Practice Prozessflüsse im BPMN2 Format können Sie über diesen Link im Digistore24 sowohl im originalen SAP-Format mit vertikalen Swimlanes wie auch in einem mit in horizontale Swimlanes konvertierten Format herunterladen (links), um diese z.B. als Startpunkt für das Prozessdesign in Ihr BPM zu laden (sofern dieses den Upload von BPMN2 Dateien unterstützt).
Als BPM-Suite empfehlen wir SIGNAVIO, da es kürzlich von SAP übernommen wurde und daher eine sichere Investition sein sollte; SIGNAVIO ist jedenfalls auch in der Lage, Prozessabläufe im BPMN2-Format in seine Suite zu importieren.